Einfach mal wieder das Hirn einschalten….

Rund-um-die-Uhr-Bespaßung, Informationsüberflutung, sofortige Bedürfnisbefriedigung: Das Internet – ein Raum schier unbegrenzter Möglichkeiten – um den Preis, dass wir gierig und ungeduldig geworden sind und kaum noch selbstständig denken.

Wir müssen uns keine Lösungen mehr selbst erarbeiten, schließlich bietet uns das Internet oftmals schnell und ohne Aufwand ein akzeptables Ergebnis – Ergebnisse werden ein Massenprodukt, für das man sich auch nicht mehr belohnen kann.

Nicht erst seit Trump und manipulierten Wahlkämpfen sehen viele das Internet eher kritisch….

Es mehren sich die Klagen über „digitalen Burnout“, „digitale Depression“ und „digitale Demenz“ – um nur drei deutsche Buchtitel der letzten Jahre zu nennen. Auch ein Grund, warum ich mich selbst ins digitale Detox begeben habe. Nicht erst seit Trump und manipulierten Wahlkämpfen sehen viele das Internet eher kritisch. Wie sollen wir mit dem „Monstrum“ umgehen? Wie soll es weitergehen mit der digitalen Welt?

Natürlich gibt es auch die Gegenseite, die behauptet dass uns das Internet weder krank noch dumm mache. Es laufe doch super und alle besäßen dich gleichen Möglichkeiten und Chancen. Dabei wird nur eines übersehen: Das Internet ist nicht schlecht für uns, weil es uns zu seinen Opfern macht, sondern weil es uns so willig zu Diensten ist.

Es ist eine schlechte Manier bei einer offenen Frage direkt zum Handy zu greifen…..

Zugegeben, wenn ich nicht weiter weiß, zücke ich das Handy und mit irgendeiner App oder mithilfe von Google finde ich die Antwort dazu. Die Angewohnheit, direkt zum Smartphone zu greifen, ist aber nicht nur eine schlechte Manier von mir, sondern wahrscheinlich von jedem, der die Vorzüge und Möglichkeiten der Smartphones für sich entdeckt und schätzen gelernt hat. Es ist einerseits wirklich eine geniale Sache.

Wenn wir uns verlaufen beziehungsweise verfahren haben, können wir das Handy zücken und dank dem gut ausgelegten Netz, Internet- und GPS-Funktion unseren Standort bestimmen. Mit wenigen Klicks zeigt uns Google oder eine extra dafür ausgelegte App die schnellstmögliche Route zu unserem persönlichen Ziel. Praktisch! Doch was ist, wenn uns das Handy geklaut worden wäre? Oder kein Netz verfügbar ist? Oder der Akku leer ist? Wir wären aufgeschmissen. Wir haben uns in die Abhängigkeit unserer technischen Begleiter begeben.

Je öfter man den Routenplaner verwendet, umso mehr Vertrauen hat man in ihn…..

Wie oft konnten mir Freunde und Bekannte nicht sagen, wo sie durchgefahren sind, um zu ihrer Feriendestination zu kommen? Unzählige Male. Und dies wohl aus dem einfachen Grund, dass der Routenplaner uns die Aufgabe der Orientierung vollständig übernimmt. Wer viele Wege erfolgreich mit dem Routenplaner hinter sich hat, wird auch großes Vertrauen dazu aufgebaut haben. So kann es passieren, dass der ortskundige Beifahrer den Fahrer lotsen möchte, dieser aber nur den Anweisungen folgt, wenn die Siri-Stimme dasselbe sagt. Keine Sekunde früher.

Nicht die Kommerzialisierung ist das Problem des Internets…..

Was schief lief mit dem Internet, ist nicht die Kommerzialisierung und Zentralisierung der Kommunikation, die uns zu Opfern von Datenkraken macht. Das Problem ist, dass uns das Internet alles gibt, was wir wollen: maßgeschneiderte Information, Unterhaltung ohne Grenzen, Befriedigung ohne Aufschub. Und in diesem Zusammenhang unser selbständiges Denken oftmals leidet.

Der Mensch ist sein ärgster Feind. Sportler wissen das und suchen sich, wenn sie was werden wollen, strenge Trainer. Kinder wissen es noch nicht und ärgern sich, wenn ihre Eltern sie im Restaurant nicht Pommes essen und Smartphone gucken lassen. Ebenso lieben Schüler gerade jene Lehrer, die keinen Stress machen. Was wir uns früher über Büchern an den Wochenenden hart erarbeiten mussten gelingt heutzutage innerhalb ein paar Minuten mittels Google Instant-Wissen, nur so lange vorhanden, wie die Website angezeigt wird.

Bücher auf dem Tisch, das Smartphone in der Hand…..

Ein Blick in die Bibliotheken bezeugt das Elend: Studierende lesen mit leuchtenden Augen, die Bücher auf dem Tisch, das Smartphone in der Hand, die neuesten Posts ihrer sozialen Netzwerke, die immer viel amüsanter sind als das, was in den Büchern verstanden sein will. Die neuen Medien machen es leicht, sich jeder Schwierigkeit zu entziehen. Welche Chancen hat ein Buch gegen Facebook?

„Hoffnung, das Übel aus der Büchse der Pandora, welche die Menschen verblendet“

Mit dem Internet wurde vielleicht die Büchse der Pandora geöffnet. Es schafft eine Kultur der Sofortbefriedigung, in der bei jeder Anstrengung der Spaß immer nur einen Klick entfernt ist. Und die Hoffnung, dass dieses Instrument die Lösung all unsere Probleme ist. Vergessen ist die Losung der Sportler “Ohne Schweiß kein Preis“, gesiegt haben wir “Loser“, die „Turnbeutelvergesser“ und „Auf-der-Bank-Sitzer“! Das Leben lässt sich aber nicht so leicht austricksen.

Innovationen würden wir nie ablehnen….

Obwohl wir Innovation nie ablehnen werden wollen, ist es wohl nicht abzustreiten, dass gewisses Handwerk und in gewissen Aspekten logisches Denken verloren gehen werden. Wir bewegen uns als Gesellschaft in zwei gegensätzliche Richtungen. Einerseits die innovative Richtung, in der Entwicklungen angestrebt werden, die uns das Leben weiterhin vereinfachen und komfortabler machen werden. Andererseits in die Rückwärtsbewegung, die uns zu alten Traditionen zurückzieht und zur Entschleunigung aus unserem rasanten Zeitalter einlädt.

„Gift in den Händen eines Weise ist ein Heilmittel. Ein Heilmittel in den Händen eines Toren ist Gift!“

Giacomo Casanova

Auch ich befinde mich in einer seltsamen Mischung dieser Kontroversen. Ich war sehr abhängig von Handy, Laptop und Internet. Und technischen Innovationen immer sehr aufgeschlossen. Parallel ziehe ich mich gerne zurück in die Ruhe, in die Natur und lese immer noch mit Vorliebe Bücher statt E-Books.

In den nächsten Wochen und Monaten werde wieder öfters mein Hirn einschalten und selber denken. Im Bereich Navigation klappt das schon sehr gut. Auch wenn bei mir oder meiner Beifahrerin oftmals Unsicherheit im Gesicht geschrieben steht. Und auch die anderen Baustellen werde ich in den Griff bekommen. Vielleicht werde ich am Ende der Reise für mich feststellen, dass nicht alles so schlimm ist, wie ich befürchtet habe. Das wir trotz Internet und technischer Digitalisierung immer noch alles voll im Griff haben. Meine große Sorge ist jedoch, dass es anders kommt. Und diese Alternative macht mir Angst……

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